Sonderausstellung im Lohrer Schulmuseum
ab 3. Juli bis 28. August 2016:
Der Bruderkrieg 1866
Sturm der Preußen über die Saalebrücke auf Bad Kissingen. ((Lithografie aus: „Die Illustrierte Kriegs-Chronik des Jahres 1866,
Gedenkbuch
an die Kriegsereignisse in Deutschland und Italien, für das deutsche
Volk bearbeitet von Dr. Carl Adolph.“, undatierte Ausgabe)
Vor
150 Jahren wurde der Krieg zwischen Preußen und Österreich über die
Vorherrschaft in Deutschland geführt. Hauptkriegsschauplatz war zwar
das heutige Tschechien, aber der preußische Ministerpräsident Otto von
Bismarck und der Generalstabschef Helmuth von Moltke hatten auch eine
Armee in Richtung Main in Bewegung gesetzt. Welche Auswirkungen das für
Lohr und die umliegenden Dörfer hatte, darüber berichtet eine
Sonderausstellung im Eingangsbereich des Lohrer Schulmuseums.
Lohr: „Einquartierungslast“
Am
12. Juli 1866 schrieb der Lohrer Anzeiger: „Die Züge sind eingestellt,
die Bahn stellenweise aufgerissen, der Verkehr unterbrochen! Welch'
tiefe, weittragende Bedeutung liegt in diesen wenigen Worten! Der
unheilvolle Krieg zwischen deutschen Bruderstämmen hat seine blutige
Geißel auch über unser gesegnetes Land geschwungen und unabsehbar,
unermeßlich werden die Wunden sein, die unserem Vaterlande, die
vielleicht uns allen dadurch geschlagen werden.
Abgeschnitten vom
gewohnten Verkehr, ohne regelmäßige Nachrichten über die Ereignisse der
Außenwelt werden wir uns wiederholt darauf beschränken müssen, unseren
verehrten Lesern die Nachrichten, so wie sie uns eben zugehen,
vielleicht nur in spärlichem Maßstabe mittheilen zu können; doch hegen
wir das feste Vertrauen, die kgl. Postbehörden werden Maßregeln
treffen, mindestens die Postverbindung zwischen hier und Esselbach (im
weiteren Anschluß von Würzburg und Aschaffenburg herzustellen) und
dadurch dem jetzt schon so drückend fühlbaren Mangel einigermaßen
abzuhelfen!“

Gefechte bei Üttingen, hier: Erstürmung des Kirchbergs am 26. Juli 1866 durch preußische Truppen.
(Lithografie
aus: Nachtrag: Am 26. Juli 1866 „wurde in Nicolsburg der
Waffenstillstand und die Basis des Friedens zwischen Oesterreich
und Preußen unterzeichnet. Oesterreich scheidet aus dem neu zu gestaltenden Deutschland aus; es erkennt alle Einrichtungen,
welche
Preußen in Norddeutschland treffen wird, einschließlich der
Territorialveränderungen, an; es cediert ihm Schleswig-Holstein
und zahlt
einen Theil der Kriegslasten.“ (Lohrer Anzeiger Nummer 91 vom 2. August
1866)Die Illustrierte Kriegs-Chronik des Jahres 1866,
Gedenkbuch
an die Kriegsereignisse in Deutschland und Italien, für das deutsche
Volk bearbeitet von Dr. Carl Adolph.“, undatierte Ausgabe)
Wenn
auch in der Lohrer Gegend keine größeren Gefechte stattfanden, kam es
infolge von Truppendurchzügen und Einquartierungen zu erheblichen
Belastungen. Am 7. August 1866 berichtete der Lohrer Anzeiger: „Die
Einquartierungslast in hiesiger Stadt hat nachgerade eine Stufe
erreicht, die wirklich alle Begriffe übersteigt. Nachdem bereits Ende
Mai bis Juni durch einige bayerische und württembergische Truppen der
Anfang gemacht, hatten wir Mitte vorigen Monats das ganze an 40000 Mann
zählende Armeekorps des General-Lieutenant Vogel v. Falkenstein auf
seinem Durchmarsche nach Frankfurt zur Verpflegung, einige Tage später
das kgl. Bayer. 5. Inf.-Regiment mit 3 Bataillonen, nach deren
Entfernung wir sofort wieder von preußischen Truppen heimgesucht
wurden. - Auch eine größere Anzahl kranker und verwundeter Preußen
frequentirte längere Zeit unsere Stadt. Und jetzt wieder sind wir außer
einer während der dreiwöchentlichen Waffenruhe dahier verbleibenden
Abtheilung preußischer Infanterie, 250 Mann stark, täglich mit neuen,
großentheils von Würzburg nach Frankfurt zurückkehrenden preußischen
Truppen belastet. (…) Rechnen wir zu dieser enormen Einquartierungslast
noch die massenhaften ungeheueren Contributionen und Requisitionen, so
ist unserer Stadtgemeinde sowohl wie den einzelnen Bürgern ein Verlust
erwachsen, zu dessen Ersatz wir wieder langer und gesegneter Jahre des
Friedens bedürftig sein werden! Alle die schönen, mitunter so
nothwendigen Projekte unserer Stadtverwaltung, die Verbesserung der
Wasserleitung, Gaseinrichtung, Reparatur des Rathhauses etc. werden in
Folge dieses unheilvollen, unseligen Krieges nunmehr vielleicht auf
lange Zeit hinaus verschoben sein!“
Genauere Informationen über die
Verpflegung der Truppen hatte der Lohrer Anzeiger bereits am 4. August
gebracht. Dort ist zu lesen: „Die Offiziere, die im
Offiziersrange stehenden Beamten, die Feldwebel,
Portepee-Fähnriche und die in Offiziersstellen fungirenden
Unteroffiziere haben zu verlangen: des Morgens Kaffee mit Zuthat, des
Mittags Suppe, Fleisch, Gemüse, Braten und 1 Flasche Wein, des
Nachmittags Kaffee, des Abends Abensbrod. Die mit Verpflegung
einquartirten Mannschaften erhalten: des Morgens Kaffee mit Zuthat, des
Mittags 1 Pfund Fleisch, dazu das erforderliche Gemüse und Brod, sowie
eine halbe Flache Wein oder ein halbes Maß Bier, des Abends einen Imbiß
und ein viertel Maß Bier, außerdem pro Tag und Kopf ein achtel Pfund
Rauchtabak.“ Welche Kosten und Versorgungsprobleme sich da für Lohr
ergaben, lässt sich wohl nur erahnen.
Am 9. August berichtete der
Lohrer Anzeiger über eine weitere Katastrophe: „Zu all den
Schrecknissen des Krieges, die wir so tief empfinden, ist ein neues, in
seinen Folgen nicht minder hartes getreten: Die Cholera ist
ausgebrochen, und hat sich von den in letzter Zeit so schwer
heimgesuchten Dörfern Uettingen, Helmstadt, Roßbrunn, Großrinderfeld
rasch auf- und abwärts des Maines verbreitet. Zahlreiche Menschenleben
sind ihr bereits zum Opfer gefallen. (...)“ Allein in Rothenfels
starben etwa 50 Menschen an der Cholera. Erst gegen Ende September 1866
gelang es die Seuche einzudämmen. Lohr selbst hatte durch die Cholera
nur einen Toten zu beklagen.
Bad Kissingen: „Furchtbares Schreckensbild“
Mehrere
Seiten widmet die Illustrierte Kriegs-Chronik des Jahres 1866 den
Kämpfen in der Kissinger Gegend und erinnert an die furchtbaren Folgen.
So ist dort zu lesen: Welch furchtbares Schreckensbild sich dem Auge
darbot, während das Herz beim Anblick der vielen Leichen und der vom
Tod in allen Nuancen graß verzerrten Gesichtszüge erbebte, davon kann
sich nur einer einen Begriff machen, der ein solches dicht besätes
Leichenfeld selbst gesehen. Die Feder ist zu schwach, um den Eindruck
wieder zu geben, und nur ein genialer Schlachtenmaler könnte hier
allenfalls mit dem Pinsel theilweise die Phantasie verwirklichen. - Die
noch vor 3 Tagen üppigen und blühenden Fluren waren weit und breit
niedergestampft und zertreten, bedeckt mit Todten, Monturstücken,
Kesseln, Säbelscheiden, Gewehren und blutigen Lachen; besonders trug
die Straße nordöstlich von Kissingen über Winkels bis auf die letzte
Höhe vor Nüdlingen die schrecklichen Spuren des erbitterten Kampfes. -
Da lagen die Leichen, theils gruppenweise, theils einzeln in den
verschiedenen Stellungen, wie sie der Tod ereilt hatte, umher. Ein
Baier und ein Preuße hielten sich fest umschlungen, wahrscheinlich im
Kampfe an einander gerathen und zugleich gefallen. Der Tod hatte den
Deutschen mit dem Deutschen auf ewig vereint. An einer Hecke lehnte ein
preußischer Unteroffizier in sitzender Stellung, das Gewehr im Arm, das
Auge offen und starr zum Himmel gerichtet, man hielt ihn im ersten
Moment für lebend; - viele fand man mit vor der Brust gekreuzten Armen,
als ob sie im Todeskampf die Hände zum letzten Gebet gefaltet hätten.
(…)

Kampf bei Tauberbischofsheim am 24. Juli 1866. (Lithografie aus: „Die Illustrierte Kriegs-Chronik des Jahres 1866, Gedenkbuch
an
die Kriegsereignisse in Deutschland und Italien, für das deutsche Volk
bearbeitet von Dr. Carl Adolph.“, undatierte Ausgabe)
Mit
dem vollständigen Rückzug der Baiern war der erste Akt des blutigen
Dramas an jenem verhängisvollen Tag (10. Juni) für Kissingen beendet,
nun aber nahm die nicht minder schauerliche zweite Abtheilung ihren
Anfang. (…) Kaum war die Nacht hereingebrochen, so wurden (durch die
Preußen) Exzesse und Unfug jeder Art begangen. Viele Bazars und
Kaufläden wurden erbrochen. Aus den Modewaarenhandlungen Shawls, Tuche
etc. herausgenommen. Aus den Materialläden Tabak und Zigarren aus
anderen wieder Reiserequisiten, Wäsche, Schuhe, Geld- und Silbersachen
mitgenommen, dabei Vieles ohne allen ersichtlichen Zweck zerstört. Den
Wirthen ließ man die kostbarsten Weine und Bier auslaufen. (…) Am
furchtbarsten aber erging es dem 'Bayerischen Hof'. Da wurde
sämmtliches Mobiliar, Spiegel, Candelaber etc. in allen Zimmern auf
grauenhafte Weise zertrümmert und dem Besitzer, sowie dem
Dienstpersonale sämmtliche Garderobe mitgenommen.“ (…) Es ist nicht
möglich, hier all die einzelnen Fälle anzuführen, aber faktisch dürfte
konstatirt sein, daß viele Bürger, deren Häuser, Mobiliar oder Vorräthe
zerstört wurden, und die ohndies durch die schlechte Saison gelitten
hatten, fast gänzlich zu Grund gerichtet wurden.
Ähnlich wie in Lohr a.Main und in Bad Kissingen waren die Auswirkungen des Krieges in anderen Städten und Regionen.
 Illustration auf dem Einband eines Schülerschreibheftes aus dem Jahr 1872, Beschreibung
unten: „Scene aus dem Zusammenstoß der preußischen Truppen mit dem
Bundesheere bei Aschaffenburg, am 14. Juli 1866. |  Grabstein
auf dem Bad Kissinger Kapellenfriedhof, „Eduard Warnberg,
Hauptmann im k.b.II. Inf.Rgt. Er wurde verwundet am 10. Juli 1866 im
Gefechte bei Kissingen und erlag am 29.7.seinen Wunden im
39.Lebensjahre. |
Eine besondere Folge
des Krieges waren nach Meinung der „Donauzeitung“ abgedruckt im Lohrer
Anzeiger am 22. September 1866 die 70 Ehescheidungen in Nürnberg.

Bayerisches Perkussionsgewehr (Vorderlader) 1866, also von vorne zu laden.
Es war dem preußischen Zündnadelgewehr gegenüber technisch veraltet.

Preußisches
Zündnadelgewehr (Hinterlader); mit ihm konnte man etwa viermal
schneller schießen, und es konnte liegend
geladen werden, was beim
Vorderlader nicht möglich war.
Nachtrag: Am 26. Juli 1866
„wurde in Nicolsburg der Waffenstillstand und die Basis des Friedens
zwischen Oesterreich und Preußen unterzeichnet. Oesterreich scheidet
aus dem neu zu gestaltenden Deutschland aus; es erkennt alle
Einrichtungen, welche Preußen in Norddeutschland treffen wird,
einschließlich der Territorialveränderungen, an; es cediert ihm
Schleswig-Holstein und zahlt einen Theil der Kriegslasten.“ (Lohrer
Anzeiger Nummer 91 vom 2. August 1866)
Mit sechs Themenkreisen
ermöglicht die Ausstellung im Eingangsbereich des Museums
informativ-exemplarische Einblicke in die kriegerischen
Auseinandersetzungen 1866 in Unterfranken und darüber hinaus.
Am Eröffnungstag (3. Juli) ist der Eintritt frei.
Die ausgestellten Dokumente und Gegenstände hat Herr Armin Hospes aus Marktheidenfeld freundlicherweise zur Verfügung gestellt
Das
Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist von Mittwoch bis
Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr
geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger Absprache außerhalb der
regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen. (Kontakt: Eduard Stenger,
Zum Sommerhof 20, 97816 Lohr a. Main Tel. 09352/4960 oder 09359/317,
E-Mail: eduard.stenger@gmx.net

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