Apfel
Die „Buffonia“: erster und einziger Mosttrinkerverein Lohrs Apfel
Dem Adressbuch der Stadt Lohr im Jahr 1882 zufolge gab es damals in Lohr 19 Vereine. Den Zweck der meisten von ihnen konnte man
in der Regel schon an den Namen erkennen. Gesang-Verein, Krieger-Verein, Turn-Verein usw. Hinter dem Namen eines Vereines könnte
man  allerdings etwas reichlich Unmoralisches vermuten. Es war der Verein „Buffonia“, auch „Buff-Gesellschaft“ genannt.

Foto 1918: Keltern von Apfelmost im der Scheune des Gasthauses „Zur Rose“; in der Bildmitte der Gastwirt der Rose Adolf Mayer mit Tochter Gertrud.
Foto von 1918: Keltern von Apfelmost im der Scheune des Gasthauses „Zur Rose“; in der Bildmitte der Gastwirt der Rose Adolf Mayer
mit Tochter Gertrud. In der Rose wurde neben den üblichen Getränken vor allem Apfelmost getrunken.

Die Mitglieder, die „Buffonen“, pflegten allerdings keinen vereins- und statutenmäßig festgelegten unmoralischen Lebenswandel mit dem Besuch entsprechender Häuser, die es in Lohr ja ohnehin nicht gab. Der Name „Buff“ bezog sich vielmehr auf ein Getränk, das in Lohr reichlich
vorhanden war: auf den Apfelmost, der eben damals in der Lohrer Umgangssprache „Buff“ oder Bouff“ genannt wurde.

Zweck dieses 1847 gegründeten Mosttrinkervereins war gemäß Paragraph 2 der Statuten „die gegenseitige Unterhaltung und Erheiterung“,
wobei entsprechende Mengen Apfelmost getrunken wurden. Jeden Donnerstag trafen sich die Buffonen im Vereinslokal, ursprünglich in der „Krone“,
später im „Engel“ und zuletzt im „Weinhaus Vogt“. Gartenfeste, Maskenbälle und gemeinsame Ausflüge vertieften das Vereinsleben.


Inserat im Lohrer Anzeiger am. 26.6.1907
Inserat im Lohrer Anzeiger am. 26.6.1907

Im Jahr 1897 feierte die Buffonia ihr 50jähriges Bestehen mit einem dreitägiges Fest, über das der Lohrer Anzeiger am 26. Juli 1897
ausführlich berichtete. Es wurde am Samstagabend eingeleitet mit Böllersalven und musikalischem Zapfenstreich, dem eine Abendunterhaltung
im  „Stumpf´schen Biergarten“ folgte. Im Laufe des Abends wurde auch ein Feuerwerk abgebrannt.

Am Sonntag versammelten sich die Mitglieder nach dem Gottesdienst zu einem „solenen musikalischen Frühschoppen“ im „Bayerischen Hof“
und zogen von hier „mit Musik in Corpore und schwarzer Wichs“ zum Gasthaus „Zur Post“ und nahmen dort ein üppiges Mittagsmahl ein.
Die Kosten dafür betrugen drei Mark, was etwa dem damaligen Tagesverdienst eines Arbeiters entsprach.

Es schloss sich das obligatorische Gartenfest in den „Vogt`s Garten“ an, das ebenso harmonisch verlief wie der abendliche Festball, der „besonders
 den jungen Festteilnehmern angenehme Stunden bereitete“. Mit einem musikalischen Frühschoppen in der „Weinwirtschaft Lein“ und einem
nochmaligen Gartenfest im „Güntersee“ endete am folgenden Montag das Stiftungsfest der Buffonia, die damals 130 Mitglieder hatte.

Inserat im Lohrer Anzeiger im Juli 1905
Inserat im Lohrer Anzeiger im Juli 1905

Zehn Jahre später zählte die Gesellschaft 202 Mitglieder, und das 60jährige Stiftungsfest wurde ähnlich wie vor zehn Jahren ausgiebig gefeiert,
wobei man den Freitagabend mit einer entsprechenden Vorfeier „bei Walz“ mit einbezog und somit ein viertägiges Fest feiern konnte.

Das wegen Regens ausgefallene Gartenfest wurde am folgenden Sonntag nachgefeiert. Am Abend „bot die im bengalischen Lichte erschauende
Villa von Herrn Gestering“ einen schönen Anblick, schrieb der Lohrer Anzeiger am 9. Juli 1907.

Die goldenen zwanziger Jahre waren auch für die Buffonia die besten Jahre mit fast 250 Mitgliedern, darunter vielen Lohrern, die im
gesellschaftlichen Leben der Stadt eine bedeutende Rolle spielten. Mit dem Beginn des Dritten Reiches endete die Buffonia und wurde
gleichgeschaltet. Von nun an bestimmte für zwölf Jahre die NSDAP auch in Lohr den geselligen Rahmen für die Freizeitgestaltung,
die nun unter dem Namen „Kraft durch Freude“ stand.


(Texte und Kopien: von Bert und Eduard Stenger)