Im Jahr 2025 kann die Schulstadt Lohr verschiedene Schul-Jubiläen feiern.
Das Lohrer Schulmuseum stimmt mit nachfolgendem Artikel darauf ein:
„Sturm“ auf das Lohrer Gymnasium
Zur Geschichte des "alten" Lohrer Gymnasiums 1905 - 1975 und Ausblick
Panorama-Postkarte
von Sendelbach aus, um 1914. Das 1904 eröffnete Gymnasium-Gebäude
steht in etwa in der Mitte der Fotografie.
Lohr
war nun "Gymnasialstadt", wie damals die örtliche Presse
mit Recht stolz verkündete, denn zu dieser Zeit gab es in ganz
Bayern nur ca. 50 Gymnasien.
Anmerkung:
Die eigentliche Eröffnungsfeier 1904 brachte damals ganz Lohr auf
die Beine, und "wie einstmals im alten Bunde bei der
Bergpredigt,
so war auch die Umgebung der Anstalt von den
Festteilnehmern besetzt und alle wollten Zeuge sein der
stattfindenden Begebenheit, die für die Stadt Lohr
eine neue
vielversprechende Epoche" eröffnete. (Lohrer Anzeiger, 21.
Sept. 1904)
1905
präsentierte sich mit der dem Anlass entsprechenden Würde die erste
Lohrer Abituria der Öffentlichkeit. Das Abschlussfoto zeigt nur
männliche Personen, denn „höhere“ Bildung blieb den Mädchen an den
staatlichen Schulen versagt. Erst ab 1911 durften Mädchen die
bayerischen Gymnasien besuchen, und es dauerte noch Jahrzehnte, bis
sich die Mädchen einen festen Platz im Gymnasium sichern konnten. Dass
heute mehr als die Hälfte der Abiturienten Frauen sind, zeigt, wie sehr
sich die ursprünglich von Männern dominierte Gesellschaft verändert hat.
Lohrs
erste Abituria im Jahr 1905
Zeittypisches
Foto der Abituria mit Schülermütze, Couleurband und Chargia
Zu
Beginn des 20. Jahrhunderts bestimmten extremer Leistungsdruck,
ständiges Pauken und strenge Verhaltensregeln den Schulalltag. Einen
interessanten Beleg für die damalige Strafpädagogik bieten diverse
Auszüge aus dem Strafregister des Lohrer Gymnasiums, dem zufolge
Arreste für Kartenspielen, Versäumnis der vorgeschriebenen Beichte oder
Abschreiben der Hausaufgaben verhängt wurden. Hilfreich bei der
Überwachung der Gymnasiasten durch die Lehrer war hierbei das
obligatorische Tragen der Schülermütze, die die Schüler in der
vorgeschriebenen jeweiligen Farbe der Klassenstufe auch außerhalb der
Schule tragen mussten - wohl auch unangenehm für Wiederholungsschüler,
weil sie zwei Jahre die Schülermütze mit der gleichen Farbe tragen
mussten.
Abiturientengruppe
der Abituria 1933. Auf dem Foto ist eine große Rarität zu sehen:
Abiturientin Anna Imhof. Sie war die zweite
Lohrer Abiturientin seit
Bestehen des Lohrer Gymnasiums. Die Abiturienten tragen
letztmalig Schülermützen bzw. Verbindungsmützen.
Sie sollten in
der Folgezeit nicht mehr getragen werden, weil sie als unpassend für
die
NS-Volksgemeinschaft empfunden wurden (zumindest von den
NS-Parteigenossen).
Im
Deutschunterricht wurden dem Zeitgeist entsprechend vor allem deutsche
und antike Klassiker gelesen, moderne Literatur war verpönt, wie eine
Beurteilung aus dem Schuljahr 1913/14 zeigt: „Der Schüler hält sich für
ein verkanntes Genie. Mit den Fächern der Schule sich gewissenhaft
abzugeben, dünkt ihn zu wenig vornehm und seines Talentes unwürdig. Er
beschäftigt sich mit Dingen, für die er nicht im geringsten reif ist,
z.B. mit moderner Lyrik.“
Als
1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, erfasste die allgemeine
Kriegsbegeisterung auch das Lohrer Gymnasium. Die Jahresberichte
schrieben stolz von Lohrer Gymnasiasten und Lehrern, die Offizierstitel
und Eiserne Kreuze erworben hatten, heroisierende Literatur trat in den
Vordergrund. Wichtigster Vertreter war Horaz, dessen Ausspruch „Dem
Vaterland das Leben hinzugeben ist süß und ehrenvoll.“ prägend für
diese Epoche des höheren Schulwesens wurde. Entsprechend widmete der
Lohrer Kgl. Gymnasialmusiklehrer Franz Josef Rothaug der deutschen
Jugendwehr (Verein zur Förderung der Wehrfähigkeit der Jugendlichen ab
16 Jahre) sein „Landsturmmanns Abschiedslied“, in dem es in der 7.
Strophe heißt: „Wer besser weiß zu sterben, Herr Feind, den nenne mir!
Der Ruhm gehört den Erben, es stirbt kein Volk wie wir!“ Ein Zitat, das
später sinngemäß auch von Reichspropagandaminister Goebbels verwendet
wurde. Die „Reifeprüfung“ verlagerte sich von der Schule auf die
Schlachtfelder des Krieges.
Klasse
2c der "Oberschule im Abbau" (damalige Bezeichnung des
Lohrer Gymnasiums) 1947/48.
Auf
dem Foto 2. Reihe 4. von links Otmar Bilz, später Leiter des Lohrer
Gymnasiums
Nach
dem kurzen demokratischen Zwischenspiel der Weimarer Republik
1919-1933, in der das Gymnasium auch gesellschaftlich-kultureller
Mittelpunkt Lohrs war, begann mit dem Dritten Reich ab 1933 der
nationalsozialistische Zugriff auf das Gymnasium, es wurde
„gleichgeschaltet“ und 1938 in eine achtklassige Oberschule für Knaben
umgewandelt.
Gemäß
der NS-Ideologie waren die körperliche Ertüchtigung und die
Schülerauslese nach rassischen und genetischen Gesichtspunkten
besonders zu beachten. Eine Verordnung über die "Schülerauslese an den
höheren Schulen" vom 29.4.1935 bestimmte: „Jugendliche mit schweren
Leiden, durch die die Lebenskraft stark herabgesetzt ist und deren
Behebung nicht zu erwarten ist, sowie Träger von Erbkrankheiten sind
nicht geeignet und werden daher nicht in die höheren Schulen
aufgenommen. (...) Jugendliche, die eine dauernde Scheu vor
Körperpflege zeigen und dieses Verhalten trotz aller Erziehungsversuche
nicht ablegen, werden von der höheren Schule verwiesen. Ebenso führt
ein dauerndes Versagen bei den Leibesübungen, das sich vor allem im
Mangel an Willen zu körperlicher Härte und Einsatzbereitschaft äußert,
zur Verweisung, wenn nicht Amtsarzt und Sportlehrer ein Verbleiben
befürworten.“ Entsprechend wichtig waren im Zeugnis auch die
Sportnoten, die sich in Leichtathletik, Turnen, Schwimmen, Spiel, Boxen
und allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit unterteilten.
„Braune“
Ideologie bestimmte nahezu das gesamte Schulleben. So hatten die Lohrer
Abiturienten 1940 im Fach Deutsch eines der nachstehenden Themen zu
bearbeiten:
1. „Nationalist sein, heißt Kämpfer sein“ (Adolf Hitler).
2. „Propaganda einst und jetzt.“
3. „Die Kraftquellen der Nation.“
Und
im „Jahresbericht über die Oberschule für Jungen in Lohr am Main für
das Schuljahr 1940/41“ wurde nicht ohne Nachdruck vermerkt:
„Die
großen Siege unserer Wehrmacht gaben Veranlassung zu einer Reihe von
schlichten Schulfeiern. (...) Zu den Schulfeiern traten Gedenkstunden
im Klassenverbande, so am 9. November zum Gedächtnis der an der
Feldherrnhalle gefallenen Helden der Bewegung, am 30. Januar zur
Erinnerung an den Tag der nationalen Erhebung. (...) Im
Gemeinschaftsempfang wurden sämtliche Ansprachen gehört, die von
hervorragenden Persönlichkeiten im Rahmen der vom Ministerrat für die
Reichsverteidigung angeordneten Aktion der geistigen Betreuung der
deutschen Jugend gehalten wurden. (...) Zwischen Schule und HJ
(Hitlerjugend) bestand das beste Einvernehmen. (...) 32 Schüler der
Anstalt (d. i. ein Fünftel) bekleiden zur Zeit Führerstellen in der HJ
in Lohr oder, soweit es sich um Fahrschüler handelt, in ihren
Heimatorten.“ In den Reifezeugnissen (Abiturzeugnissen) wurden
entsprechende Aktivitäten besonders erwähnt: "Ist Angehöriger der
SS" "beteiligte sich als HJ-Führer" .
Die Schule war ein vielseitig einsetzbares und wirkungsvolles Propagandainstrument der Nazis geworden.
Klasse
(heute 9. Klasse) des Lohrer Gymnasiums 1951/52: Noch sechs Jahre
nach der Beschlagnahmung des Gebäudes sind nicht alle
Schäden, die
durch den Vandalismus der Besatzer angerichtet worden sind, beseitigt
(siehe Schülerbank vorne links).
Die
unmittelbaren Jahre nach dem Ende des Dritten Reichs im Frühjahr 1945
stellten Schüler und Lehrer vor viele Probleme, zumal u.a. die
Amerikaner ab August 1945 das Schulgebäude mehrere Monate lang
beschlagnahmt und das Gymnasium gründlich „entnazifiziert“ hatten,
indem sie fast alle Lehrmittel vernichtet und auch das Mobiliar schwer
beschädigt hatten. Erst am 21.1.1946 konnte der reguläre Unterricht,
zunächst nur für die vier unteren Klassen, wieder aufgenommen werden
und am 2.5.1946 für alle Klassen, allerdings im Schichtbetrieb, an den
Vor- und Nachmittagen.
"In
einem feierlichen Akt vollzog sich die Rückführung des Kreuzes in die
Schule, aus der es von den Nationalsozialisten verbannt worden war"
(...)
(Jahresbericht
über das Humanistische Gymnasium mit Realschule in Lohr am Main über
das Schuljahr 1950/51. Mit einem Überblick über die Geschichte der
Anstalt von 1941 bis 1950). .Für die katholischen Schüler wurde ein
eigener Schülergottesdienst eingerichtet, "der während der Schulzeit an
Sonntagen um 8.30 Uhr in der Klosterkirche abgehalten" wurde.
"Wiederholt kamen dabei Messen für Männerchor und gemischten Chor unter
Leitung des Studienrates Feldmeier zur Aufführung." ((Jahresbericht
über das Humanistische Gymnasium mit Realschule in Lohr am Main über
das Schuljahr 1950/51)
Der
Gymnasiast Rolf Sultan auf dem Weg zur Schule: Neben der Büchertasche
gehörte auch der Becher für die Schülerspeisung
zur
Grundausstattung eines Schülers. (Foto: Mai 1948)
Zu
einem Eklat kam es 1954 infolge des schlechten Abiturs, bei dem von 67
Abiturienten 14 nicht bestanden hatten. In einer Elternversammlung
wurden „schwerste Vorwürfe gegen den Anstaltsleiter,
Oberstudiendirektor Laudensack, erhoben“ (...) und „eine Resolution
einstimmig angenommen, in der die Abberufung des Anstaltsleiters
gefordert“ wurde. Unter dem Titel: „Sturm auf das Lohrer Gymnasium“
berichtete das Main-Echo im Juli 1954 ausführlich über die
Protestversammlung im Saal des „Schwarzen Adler“ (heute Sparkasse).
Herr Laudensack begann im folgenden Schuljahr seinen Dienst an einem Würzburger Gymnasium.
(Siehe dazu auch den Zeitungsartikel "Sturm" auf das Lohrer Gymnasium im Main-Echo, Juli 1954,
"Betriebsausflug"
des Lehrerkollegiums am Lohrer Gymnasium nach Homburg 1954,
(hinten
in der Mitte mit Hut: Oberstudiendirektor Laudensack)
Bleibt
noch zu erwähnen, dass einer der 1954er Abiturienten Otmar Bilz war,
später ein beliebter und angesehener Chef des Lohrer Gymnasiums.
Ende
der sechziger Jahre kam es wieder zu Unruhen am Lohrer Gymnasium.
Diesmal war es aber nicht ein schlechtes Abitur, sondern die 68er
Bewegung, deren revolutionäres Gedankengut sich auch in den Köpfen
mancher Lohrer Gymnasiasten einnistete. Hauptangriffsziel war der
damalige Schulleiter Dr. Bader. Aber auch Schüler, die sich den neuen
Ideen nicht anschließen wollten oder einfach daran kein Interesse
hatten, sahen sich heftigen Attacken ausgesetzt. In der Schülerzeitung
„DER WEPS“ wurden Meinungen geäußert, die früher zu empfindlichsten
Strafen geführt hätten, so z. B. „Die Lohrer Gymnasiasten sind
Arschkriecher“, „Gymnasium Lohr = Gefängnis Lohr“, oder die Darstellung
des „Direx und seines Vizes“ als Affen. Ironisch schrieb 1969 ein
Schülerredakteur: „Ich lege der Lohrer Schülerschaft dringend ans Herz:
Steckt den Kopf noch tiefer in den Sand! Verbindet euch die Augen und
verstopft euch die Ohren! Erst dann werdet ihr merken, wie still und
angenehm doch die Welt ist, in der man ohne Druck von oben alle
verbleibenden Freiheiten genießen kann!“ Nach einigen Jahren
verflüchtigte sich das revolutionäre Gebaren und am Lohrer Gymnasium
kehrte wieder Ruhe ein.
Karikaturen im Weps 2 um 1969
Karikaturen im Weps 2 um 1969
1975
endete die Zeit des "alten" Lohrer Gymnasiums mit dem Umzug in das
Nägelseezentrum, einem Zweckbau mit Fabrikcharakter, der durch die
Vielfalt der Raumnutzung dieser Zeit den grenzenlosen Möglichkeiten der
Technik besser entsprechen sollte.
Nachtrag:
Im Hinblick auf das damals geplante (inzwischen eingeführte und wieder
abgeschaffte) achtklassige Gymnasium (G 8) schrieb Ulf Kampfmeier 1998
anlässlich der Sonderausstellung im Lohrer Schulmuseum „Das Gymnasium –
Tradition und Fortschritt einer Institution“ für eine Lohrer
Tageszeitung u. a.: „Die bildungspolitische Diskussion um eine
Verkürzung der Gymnasialzeit auf acht Jahre rührt aber erneut die
Problematik um den Sinn höherer Bildung auf. Dadurch würde die Schule
nämlich vollends zum Erfüllungsgehilfen volkswirtschaftlicher Effizienz
(...) dabei sollte das Gymnasium bilden und nicht bloß qualifizieren.“
Das
Gymnasium, vor 120 Jahren eine Eliteschule, die von etwa 1% eines
männlichen Schülerjahrgangs besucht wurde, hat seinen elitären
Charakter längst verloren und ist heute zur attraktivsten und stark
frequentierten Schule für alle Bevölkerungsschichten geworden.
„.Darin
mögen auch Gefährdungen für das Selbstverständnis und für die
Weiterentwicklung des Gymnasiums liegen. Es kann aber keinem
ernsthaften Zweifel unterliegen, dass es für eine Gesellschaft von
großem Vorteil ist, wenn ein Großteil der Bevölkerung die Chance hat,
an höherer Bildung und damit in möglichst großem Umfang an der Fülle
der Kulturtradition zu partizipieren.“, schrieb Professor Dr. Max
Liedtke 1997 im Vorwort zur Ausstellung "Das Gymnasium,
Entwicklungsschritte der höheren Bildung" des Bayerischen Schulmuseums
Ichenhausen.
(Text: Bert und Eduard Stenger)
Erinnerungen des Lohrers Oskar Rummel, bayerischer SPD-Landtagsabgeordneter von 1962 bis 1978,
Lohrer Stadtrat usw., Abiturient des Lohrer Gymnasiums 1939; niedergeschrieben 1998
anlässlich der Sonderausstellung im Lohrer Schulmuseum
„Das Gymnasium - Tradition und Fortschritt einer Institution“: Ende März 1939
Von zwei Doppelklassen des Schuljahrgangs 1931/32 des Humanistischen
Gymnasiums Lohr sind fünfzehn Abiturienten, darunter fünf aus der
Stadt, übriggeblieben.
Im Saal des Aloysianums werden die Reifezeugnisse durch den Oberstudiendirektor Dr. Schodorf überreicht.
Mit einem Frühschoppen im Gasthaus zum Engel beginnen wir dieses
Ereignis zu feiern. Ich trage zum ersten Mal in meinem Leben einen
Anzug mit langen Hosen! Und es ist auch der erste Schoppen Wein, den
ich trinke. Die Wirkung ist entsprechend!
Am Spätnachmittag treffen wir uns wieder im Cafe Salzmann in der Lohrer
Hauptstraße. Die Stimmung steigt bis zum Abend beträchtlich. Die ersten
haben sich bereits verabschiedet.
Als ich gegen Mitternacht auf den Brunnenrand des Märchenbrunnens vor
dem Weinhaus Mehling steige, sind wir nur noch ein kleines Häufchen.
Obwohl sonst sehr schüchtern, bin ich dank des Weines sehr mutig und
übermütig. Irgendwie ahnen wir, daß wir uns auf eine lange Zeit nicht
mehr sehen werden. Es liegt auch die unbestimmte Ahnung eines kommenden
Krieges in der Luft. Jedenfalls empfinde ich es so.
Nach ein paar besinnlichen Worten aber reitet mich der „Teufel des
Alkohols“ und das Gefühl der scheinbar gewonnenen neuen Freiheit. Ich
weiß nicht mehr genau, wo ich die folgenden Sätze einmal gehört habe,
die ich - auf dem Brunnenrand stehend - lauthals verkünde: „Genossinnen
und Genossen! Unsere Frauen geben keine Milch mehr, unsere Kinder
fressen den Kitt von den Fenstern! Darum: Brüder höret die Signale, auf
zum letzten Gefecht! Die Internationale...“ Einige der „Brüder“ singen
die Melodie kräftig mit. Dann schreie ich abrupt: „Aus! Polizei!!!“ Und
ohne Übergang stimme ich an: „Die Fahne hoch, die Reihen dicht
geschlossen...“
Keiner von uns konnte damals ahnen, wie sehr sich die Reihen in den folgenden Jahren lichten würden.
Beim Festakt zum 150-jährigen Bestehen des Lohrer Gymnasiums im Jahr
1989, bei dem sich auch die Abiturienten treffen sollten, die 1939,
also vor 50 Jahren, an dieser Schule die Reifeprüfung abgelegt hatten,
stand ich allein auf weiter Flur...
Lohrs 1. Abituria 1905
Kurze
historische Erinnerung: Als im Jahr 1902 das Lohrer Progymnasium mit
dem „Kleinen Absolutorium“ in ein „Ordentliches Gymnasium“ mit neun
Schuljahren und Abitur umgewandelt wurde, hatte man in Lohr endlich ein
Ziel erreicht: Lohr war Gymnasialstadt geworden, damals eine schulische
Rarität unter vergleichbaren Städten.
Drei
Jahre später, 1905, und nach den vorausgegangenen Prüfungen in den
Fächern Religion, deutsche Sprache, lateinische Sprache, griechische
Sprache, französische Sprache, Mathematik und Physik, Geschichte und
Turnen, konnte sich mit Stolz und dem Anlass entsprechender Würde die
erste Lohrer Abituria der Öffentlichkeit präsentieren.
Ausführlich
berichtete der Lohrer Anzeiger am 15. Juli 1905 über die Abiturfeier:
„Die Abituria des hum. Gymnasiums Lohr eröffnete ihre
Abschiedsfeierlichkeiten gestern abend mit einem solennen Festkommers
in der prächtig geschmückten Turnhalle, wo eine glänzende Korona von
Damen und Herren aus Lohr, besonders auch zahlreiche Vertreter
studentischer Korporationen sich eingefunden hatten. Nachdem die Klänge
des Festmarsches verrauscht waren, eröffnete der 1. Chargierte, Herr
Herrmann, den Kommers und gab alsbald in seiner Begrüßungsrede der
Freude Ausdruck, welche die Abiturienten von Lohr beseelt, die an
den Pforten der Alma Mater (Universität) stehend zurückblicken auf eine
lange mühevolle Studienzeit. Worte des Dankes widmete er den
Professoren der Anstalt. In beredten Worten feierte der 2. Chargierte,
Herr Arnold, den Landesherrn als Hort der akademischen Freiheit, dem
die Liebe und Treue der akademischen Jugend gehört und brachte dem
Regenten ein begeistert aufgenommenes dreifaches Hoch. In wohlwollend
herzlicher Weise sprach Herr Gymnasialrektor Fehlner den Abiturienten
seine Anerkennung und seinen Glückwunsch zugleich im Namen des gesamten
Lehrerkollegiums aus und gab ihnen die Versicherung, stets aufrichtige
Freunde der ehemaligen Schüler bleiben zu wollen. Besonders ergreifend
war es, als er betonte, daß ihm an diesem Abend, wo die Augen aller vor
Freude strahlen, die ganze Schönheit seines schweren Amtes so recht
bewußt werde. Im Namen der Stadt brachte Herr rechtsk. Bürgermeister
Wetzel den ersten Abiturienten von Lohr den Glückwunsch zu ihrer
ferneren Laufbahn dar. Wie die ersten Abiturienten in Lohr gewiß nicht
vergessen werden, so mögen auch sie der Stadt in weiter Ferne ein
freundliches Andenken bewahren (...).“
Neben
den üblichen Trink- und Studentenliedern wurden bei der Feier auch
patriotische Lieder gesungen, etwa: „Wenn dann es gilt, Altdeutschlands
Feind (die Franzosen) zu packen, dann fest die Faust zum Kampfe (...)
dann zeig der Welt, daß deutsche Kraft kann siegen.“ (Textauszug aus
dem "Bundeslied der Abituria Lohr“, das an diesem Abend erstmals
gesungen wurde, wie der Zeitungsredakteur berichtete.)
„Heute
nimmt die Abschiedsfeier der Abituria durch ein Gartenfest in Senger's
Garten ihre Fortsetzung und schließt alsdann mit einer Tanzunterhaltung
im Salle des Hotels 'zur Post'.“, informierte der Lohrer Anzeiger seine
Leser...
(Text: Eduard Stenger)
Das Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist Mittwoch bis
Sonntag und an allen gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr
geöffnet.
Gruppen können auch nach vorheriger telefonischer Absprache
(Tel. 09352/4960 oder 09359/317) außerhalb der regulären Öffnungszeiten
das Museum besuchen.
Internet: www.lohr.de/schulmuseum; Mail: eduard.stenger@gmx.net
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