Anlässlich
des 100 Todestages des weltbekannten Schriftstellers Karl May erinnert
das Lohrer Schulmuseum mit einer Sonderausstellung im Eingangsbereich
an den weltbekannten Bestsellerautor.
Cover auf dem vorderen Einbanddeckel des Karl-May-Bands 34
„ICH“, „Karl May – Leben und Werk“, 37. unveränderte Auflage 1985,
Karl-May-Verlag Bamberg/herausgegeben von Roland Schmid,
Satz und Druck: St. Otto-Verlag, Bamberg.
Das Bildnis ist die Reproduktion eines Gemäldes von Prof. Selmar Werner.
(Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Karl-May-Verlages Bamberg)
Einige
Informationen zum Lebenslauf Karl Mays: Der am 25. Februar 1842 in dem
erzgebirgischen Städtchen Ernstthal geborene und in ärmlichsten
Verhältnissen herangewachsene Karl May sollte ursprünglich nach dem
Willen seines Vaters Volksschullehrer werden. Eigentumsdelikte und
anderes Fehlverhalten machten diesen Berufswunsch zunichte. 1870 wurde
er wegen Landstreicherei, Diebstahls, Betrugs usw. unter
Berücksichtigung seiner Rückfälligkeit zu einer Zuchthausstrafe von
vier Jahren verurteilt. Während der Haftzeit war Karl May auch in der
Gefangenenbibliothek beschäftigt und dort entdeckte er schnell seine
schriftstellerischen Fähigkeiten als Verfasser von Erzählungen und
wurde nach der Entlassung aus dem Zuchthaus insbesondere mit seinen
Kolportageromanen der erfolgreichste Autor von Trivialliteratur.
Die
Texte Karl Mays veränderten sich nach und nach vom zunächst namenlosen
Ich-Erzähler, der die Geschichten als Zuschauer und Berichterstatter
beschrieb, bis hin zur Old-Shatterhand-Legende, in der Karl May
behauptete, tatsächlich Old Shatterhand zu sein und die Abenteuer mit
Winnetou wirklich erlebt zu haben.

Karl Mays Geburtshaus in Hohenstein-Ernstthal;
Foto wohl um 1900
In
seinem Spätwerk schrieb Karl May symbolische Romane mit
weltanschaulich-religiösem Inhalt und pazifistischer Ausrichtung. Seine
Werke Ardistan und Dschinnistan (1909), Und Friede auf Erden (1904),
vor allem aber Winnetou IV sind seine literarisch bedeutendsten Werke.
Sie entstanden auch unter dem Einfluss des Jugendstilmalers und
Bildhauers Sascha Schneider, der für verschiedene Karl-May-Bände die
Deckelillustrationen schuf.
Karl May starb am 30. März 1912 und wurde in Radebeul beigesetzt.
 Die 1895 von Karl May erworbene Villa in Radebeul („Villa Shatterhand“); Foto um 1900 |  Ruhestätte Karl Mays auf dem Friedhof von Radebeul |
Auch
heute noch gehört Karl May zu den meistgelesenen deutschen
Schriftstellern. Seine Abenteuerromane und Jugenderzählungen, die
vorwiegend im Wilden Westen Nordamerikas und im Orient des späten 19.
Jahrhunderts spielen, wurden in mehr als 33 Sprachen übersetzt und
haben inzwischen eine Gesamtauflage von über 200 Millionen erreicht.
„Der Schriftsteller Karl May mit seinen Alter Egos Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi“;
(Bild und Text: Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Karl-May-Verlages Bamberg)
Karl May – steckbrieflich gesucht!
Dem
wegen verschiedener Vergehen verhafteten Karl May gelang bei einem
Gefangenentransport am 26. Juli 1869 die Flucht. Bereits am nächsten
Tag wurde er im „Königl. Sächs. Gendarmerieblatt“ mit nachfolgendem
Text zur Fahndung ausgeschrieben:

„Karl May als Old Shatterhand“ (mit Winnetous Silberbüchse); Foto um 1897
(Bild und Text: Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Karl-May-Verlages Bamberg)
Anmerkung: Das Foto sollte die Identität Karl Mays mit seiner Romanfigur unterstreichen.
„May,
Carl Friedrich, vormal. Schullehrer aus Ernstthal, welcher sich wegen
zahlreicher Verbrechen in Mittweida in Untersuchung befindet, ist heute
auf dem Transport von St. Egydien nach Bräunsdorf unter Zerbrechung der
Fessel entsprungen. Es ist alles zu seiner Wiedererlangung aufzubieten.
M. ist 72 Zoll lang, schlank, hat längl. Gesicht und Nase,
dunkelblondes nach hinten gekämmtes Haar, schwachen Bartwuchs (trägt
auch falsche Bärte), graue Augen, starren stechenden Blick, krumme
Beine. Er spricht langsam, in gewählten Ausdrücken, verzieht beim Reden
den Mund, hat auch häufig ein Lächeln um den Mund. Er ist mit
Tripperkrankheit behaftet. Bei der Entweichung trug er schwarzseidenes
rund-deckliges Sommerhütchen, braunen, ins Gilbliche schillernden
jupenartigen Rock mit breiter schwarzer Borde besetzt, braune Weste und
dergl. Hosen mit breitem schwarzen Streifen. Hohenstein, den 26/7. 69.“
Erst ein knappes halbes Jahr später wurde May in Algersdorf (Böhmen) festgenommen.
Nach
seiner Verurteilung verbüßte Karl May eine vierjährige Zuchthausstrafe
in der Waldheimer Strafanstalt unter härtesten Haftbedingungen und
täglichen Arbeitszeiten von mindestens 13 Stunden.

„Waldröschen“, Titelseite eines Fortsetzungsromans
„Das Waldröschen“ von Karl May erschien von 1882 bis 1884 in 109 Lieferungen
mit einem Gesamtumfang von 2612 Seiten und ist wohl der erfolgreichste
Kolportageroman des 19. Jahrhunderts. Anmerkung: Kaum bekannt dürfte heute sein,
dass Karl May u.a. auch fünf sog. „Kolportageromane“, eine gegen Ende
des 19. Jahrhunderts weit verbreitete Form der Unterhaltung per Fortsetzungsgeschichten
in Heftform, schrieb und sich damit einen wesentlichen Teil seines Lebensunterhaltes sicherte.
Karl May als Sexualaufklärer
Das
1875 von dem Verleger Münchmeyer vertriebene anonyme „Buch der Liebe“,
von Karl May später als scheußliches „Schund- und Schandwerk“
bezeichnet, war wohl in Wirklichkeit eines der Erstlingswerke des
jungen Literaten Karl May, mit dem sich May auf Drängen seines
Verlegers sein Geld als Schriftsteller verdient hatte.
Das Buch
richtete sich offiziell an den „gebildeten Vater“, dem „die heimlichen
Fragen des Geschlechtslebens schon durch die Erfahrung beantwortet
sind“.
Der damals dreiunddreißigjährige Schriftsteller schrieb über
Wesen, Formen und Negationen der Liebe, unterfütterte diese mit
entsprechenden Bibelzitaten, geflügelten Worten und Gedichten und
berief sich auf Sittengeschichtler usw.
Karl May ließ in diesem
Werk auch bereits typische Merkmale seines Menschheitspathos und
Missionsdrangs, wie sie in seinen Spätwerken zum Ausdruck kommen,
anklingen.

Reihe
1 mit dem Titel „Winnetou“ aus dem Quartettspiel „Karl May-Quartett“;
herausgegeben wohl in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts (Foto:
Schulmuseum Lohr)
Karl May – und die Folgen
„Als
ein neues Opfer der Schundliteratur muß der 15-jährige Mörder
Klempnerlehrling Hirt in Chemnitz bezeichnet werden. Räuber- und
Indianergeschichten hatten ihm den Kopf so verdreht, daß er, um Mittel
zur Auswanderung nach Amerika zu gewinnen, zur Mordwaffe griff und
einen armen jungen Fabrikarbeiter erschoß.“, schrieb 1884 die
Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung.


„Der
Ölprinz“, 1897 (Abdruck mit freundlicher Genehmigung des J. H. Röll
Verlages GmbH, Dettelbach) „Der Schatz im Silbersee“, 1894
Es
war nicht das erste Mal, dass sich Pädagogen besorgt über die
Abenteuerlust der Buben äußerten, deren Ursache sie in den zahlreichen
Geschichten über das Leben in fernen Ländern vermuteten. Vor allem Karl
May, dessen Erzählungen von den Jungen regelrecht verschlungen wurden,
kam schnell in das Fadenkreuz der Kritiker und Mahner.
Immer wieder
berichtete die Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung über die angeblichen
Folgen der „Karl-May-Romane“, so auch 1893: „Die Indianergeschichten
haben es wieder einmal den Koburger Schulknaben angethan. Die
übereifrige Lektüre derselben hat sie dieser Tage die Bücher mit dem
Wanderstab vertauschen und die Weite suchen lassen. Sie beabsichtigten
nach Amerika, dem Lande ihrer Träume zu pilgern, oder vielleicht auch
nach dem sagenumgürteten Sudan zu pilgern, um in den Urwäldern des
ersteren ein freies Jägerleben zu führen und mit den Indianern sich in
blutige Kämpfe einzulassen oder den tapferen Sudanesen im Kampfe gegen
die auch nicht üblen Englishmen beizustehen. Trotzdem sie sich nun auch
reichlich mit Geld versehen hatten, wurden die angehenden Helden doch
schon in Ulm aufgegriffen, um unter polizeilicher Eskorte nach ihrer
Heimat zurückgebracht zu werden.“

„Bei den Indianern“; vergrößertes Glasschiebebild für die Laterna magica aus der Zeit um 1890 (Foto: Udo Kleinfelder, Lohr)
Auch in der unterfränkischen Region hatte Karl May offensichtlich viele jugendliche Fans mit angeblich entsprechenden Folgen.
Am
10. Januar 1899 berichtete das „Aschaffenburger Intelligenzblatt“ unter
der Rubrik „Stadt und Kreis.“: Dem jugendlichen Diebeskonsortium der
Stadt Aschaffenburg fallen immer mehr Diebstähle zur Last. So wurde
auch ermittelt, daß dasselbe bei Herrn Gastwirth Stühler in der
Weißenburgerstraße einen größeren Diebstahl dadurch ausführte, daß es
demselben mehrere Kisten Cigarren und eine Flasche Branntwein
(Kirschwasser) im Gesammtwerthe von circa 50-60 Mark im Laufe der
letzten Zeit entwendete. Sein Schlupfwinkel war in einer Schülerwohnung
dahier, woselbst fast immer, einige kleinere Fälle ausgenommen, der
saubere Erwerb brüderlich getheilt und verpraßt wurde. Die unmittelbare
Veranlassung zu den Bubenthaten sollen die Phantastereien Carl May's
sein, der hier eine Verehrung genießen soll, die fast an seinen eigenen
Geisteszustand grenzt.“

Buch-Titel-Illustrationen von dem Maler Sascha Schneider aus den Jahren 1903 und 1904 für die bis heute beibehaltene
„grüne“ Reihe des Karl-May-Verlages (Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Karl-May-Verlages Bamberg)
„Vor diesen Romanen muß öffentlich gewarnt werden.“
„Ueber
Dr. Karl May ist ein Streit entbrannt, zu welchem die gesammte
katholische Presse jetzt, nachdem derselbe entschieden ist, Stellung
nehmen muß. Karl May - mag man über seine Reiseromane urtheilen wie man
will, ist ein Mann von großem Talent; das wollen wir gerne zugeben. Auf
den Streit, ob die Reiseromane geeignete Jugendlektüre sind oder nicht,
wollen wir uns hier nicht weiter einlassen. Karl May hat einen Ruf als
Erzähler, wie selten einer; seine Werke werden von allen Volksklassen
rein verschlungen.
Und nun erscheinen mit seinem vollen Namen
bei einer Dresdener Firma Romane, welche geradezu schandvoll sind.
Dieselben erschienen schon anfangs der 80er Jahre theils anonym, theils
pseudonym als Colportage-Romane. Jetzt erscheinen sie in neuer Auflage
illustrirt unter dem vollen Namen von Dr. Karl May. Vor diesen Romanen
muß öffentlich gewarnt werden. Es sind Abenteuer- und Räuberromane der
schlimmsten Sorte. Hier wadet Karl May in dem tiefsten Schlamm und
beschmutzt geistliche Personen in gemeinster Weise. (...) Eine gewisse
Presse hat versucht, Karl May als »Ultramontanen« den Katholiken an die
Rockschöße zu hängen. Das ist ein läppischer Versuch; er hat sich
allerdings früher mit der größten Bestimmtheit als Katholik ausgegeben,
aber er ist Protestant. Er hat nicht allein für katholische
Zeitschriften gearbeitet, sondern auch für Rosegger's »Heimgarten«, für
den »Guten Kamerad« (Union, Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart)
und für die Volksbibliothek des »Lahrer hinkenden Boten«. Er hat also
rechts und links blauen Dunst zu machen verstanden. In der gleichen
Dresdener Verlagsbuchhandlung (Münchmeyer) kommt auch ein katholisches
»Erbauungsbuch«, angeblich mit bischöflicher Approbation, neben
protestantischen Erbauungsbüchern und neben einer ganzen
Colportage-Bibliothek heraus. Dieses katholische »Erbauungsbuch«
erscheint in Lieferungen à 50 Pfg. mit schreckbaren Bildern. Dasselbe
wird in Altbayern leider sehr viel gekauft; es ist nichts direkt
Unkatholisches darin enthalten, aber es ist viel zu theuer; es ist
schade um das gute Geld! Es ist höchste Zeit, daß von Seiten des
Preßvereins die katholische Colportage organisirt wird, damit dem
katholischen Volk sein gutes Geld nicht weiterhin oft für Schund aus
der Tasche gelockt wird.“
(Augsburger Postzeitung, Ausgabe vom 17. Juni 1902)
Ganz
im Gegensatz zum obigen Artikel in der Augsburger Postzeitung steht
eine Verlagsanzeige im „Deutschen Hausschatz“, Heft 2 des 22. Jahrgangs
1895. Dort heißt es unter der Überschrift „Empfehlende Worte Deutscher
Bischöfe über Karl May's gesammelte Reiseerzählungen“: „Die
hochwürdigsten Bischöfe, Erzbischöfe, Fürstbischöfe von Breslau,
Eichstätt, Freiburg, Culm, Mainz, Münster, Osnabrück, Passau, Würzburg
haben in ihren persönlichen Schreiben die Schriften Karl May's als in
jeder Beziehung empfehlenswerte Bücher für das katholische Haus
bezeichnet.
Seine Bischöfliche Gnaden, Herr Dr. Franz Josef Stein,
Bischof von Würzburg, schreibt am 9. Dezember 1894: 'Der sprachgewandte
Verfasser besitzt in hohem Maße die Gabe, frisch, packend und
volkstümlich zu schreiben. Seine in weiten Kreisen so beifällig
aufgenommenen Reiseerzählungen haben einen vielseitig belehrenden,
sittlich anregenden, stetig interessanten Inhalt, in welchem auch der
gesunde Humor zu seinem Rechte kommt. Was dabei besonders zu betonen
ist, das ist die christliche Grundlage, auf welcher sie ruhen. Frei von
allem sittlich Bedenklichem kommen sie dem Lesebedürfnisse der Zeit
entgegen und verdienen so einen Platz in dem Hause der christlichen
Familie.' (...)“
Es folgt ein Hinweis auf die bereits erschienenen ersten 15 Bände von „Durch die Wüste“ bis „Old Surehand“.
Kritiker und Moralapostel um 1900
Wie
schnell man im Bereich der Dichtung und Erzählungen um 1900 von
Moralaposteln oder solchen, die sich dazu berufen fühlten, angegriffen
wurde, belegt eine Randnotiz in der Allgemeinen Deutschen Lehrerzeitung
im Jahr 1905: „Elsaß-Lothringen. Klerikale Pädagogik. Am bischöflichen
Gymnasium in Montigny (bei Metz) las ein Oberlehrer seinen Primanern
einige auserwählte Stücke aus Goethes 'Faust' vor. Dadurch angeregt,
schafften sich zwei Schüler eine Ausgabe dieser größten deutschen
Dichtung an. Die Sache wurde ruchbar. Der betreffende Oberlehrer soll
sich einen Verweis zugezogen haben, die beiden Schüler aber wurden aus
der Anstalt entfernt, weil – sie verbotene Lektüre besaßen.“
An
anderer Stelle schrieb die liberale (nach heutigem Begriff nach links)
ausgerichtete Lehrerzeitung mit hintergründiger Ironie und dem Blick
auf ultramontan-konservative Gruppen: „Die 'Christl. päd. Blätter'
mögen das an den Lehrerbildungsanstalten verwendete Lesebuch von
Niedergesäss und Kress nicht leiden, denn es enthält: die 'Legende vom
Hufeisen' von Goethe. ( Dieses Gedicht wird als 'geradezu blasphemisch'
bezeichnet.) 'Das Mädchen aus der Fremde' von Schiller. (Ein liebend
Paar.) 'Der Fischer' von Goethe. (Wegen der Ausdrücke: 'Feuchtes Weib',
'Der Liebsten Gruß'.) - Nun also! (...) Ja, Bauer, das ist ganz was
anderes.“
„Schöpfer blutvoller Gestalten“
Im Dritten Reich gehörten die Karl-May-Bücher zu jeder gutsortierten Jugendbücherei.
Sie befanden sich auch in den Bücherschränken mancher Nazigrößen.
Es
ist heute wohl kaum bekannt, dass zu den begeisterten Karl-May-Fans
auch Hitler gehörte. In seinen Bibliotheken in der Berliner
Reichskanzlei, auf dem Obersalzberg und in seiner Münchner
Privatwohnung waren die Karl-May-Bände zu finden. Hitler soll angeblich
nach der Machtergreifung 1933 nochmals die Bände gelesen und Karl May
als den Schriftsteller bezeichnet haben, der ihm die Augen für die Welt
geöffnet habe. Auch soll Hitler den Indianerhäuptling Winnetou als das
Musterbeispiel eines Kompanieführers empfohlen und beklagt haben, dass
an deutschen Schulen die Werke Goethes und Schillers anstelle derer
Karl Mays gelesen würden. Wahrscheinlich hat Hitler aber nur die
Abenteuerromane Mays gelesen, denn „Und Frieden auf Erden“ hätte
Hitler ganz bestimmt nicht begeistert.
Hans Schemm, bekennender
Karl-May-Fan, Kultusminister von Bayern und Reichsleiter des
Nationalsozialistischen Lehrerbundes, erklärte zum Thema „Karl May“ auf
der Schulungstagung des Gaus Mittelfranken 1934: „Zum deutschen Buben
und Mädel gehört mehr als die sogenannte Schulbravheit, nämlich Mut,
Entschlußkraft, Schneid, Abenteuerlust und Karl-May-Gesinnung.“
Und
der Gauleiter von Sachsen schrieb in dem Vorwort zur Jubiläumsschrift
1913-1938 – 25 Jahre Karl-May-Verlag, Radebeul bei Dresden u.a.: „ Das
Volk selbst hat am besten erkannt, wieviel zwingende Gestaltungskraft
und sittlicher Gehalt in seinen Schriften liegt. Die Jugend liebt in
ihm den Schöpfer blutvoller Gestalten, den Schilderer des edlen
heroischen Menschen. So ist der Jugendschriftsteller zugleich zum
Jugenderzieher geworden. Mit seinem an Arbeit und Kämpfen reichen Leben
hat sich Karl May jederzeit als ein echter Sohn seiner sächsischen
Heimat erwiesen. Seine starke Persönlichkeit wird uns ebenso
unvergeßlich sein wie das von ihm geschaffene Werk, das unvergänglicher
Besitz unserer Volkskultur bleiben wird.“
Allerdings gab es auch
Karl-May-Gegner im Dritten Reich. So verfasste der Volksschullehrer
Wilhelm Fronemann 1934 eine Denkschrift mit dem Titel „Karl May und die
Jugend des Dritten Reiches“, in der er unter anderem schrieb, Karl May
sei ein „leidenschaftlicher Verfechter einer weitgehenden
Rassenmischung aus ganz sentimentalen Menschlichkeitsgründen“ sowie ein
„Verteidiger eines verwaschenen Pazifismus“ gewesen. Und: „Haben wir
nicht unsere Schülerbüchereien von Juden, Pazifisten, Marxisten und
sonst allem Undeutschen gereinigt?...Karl May paßt zum
Nationalsozialismus wie die Faust aufs Auge!“ (Aus: Erich Heinemann,
„Karl May paßt zum Nationalsozialismus wie die Faust aufs Auge“,
Beitrag im Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft 1982)
Übrigens: In
der DDR-Zeitschrift für die Eltern „die neue Schule“ aus dem Jahr 1948,
Heft 18, wird zum Thema „Karl May“ unter anderem von dem schon
genannten Lehrer Wilhelm Fronemann (ein „Wendehals“?) geschrieben:
„Karl May ist im Krieg (2. Weltkrieg) zum Lehrbuch der
Partisanenbekämpfung geworden. Noch 1944 wurden von der Heeresleitung
für die Partisanenbekämpfung an der Ostfront 4ooo Bände Karl May
angefordert. Im ganzen sind 500 000 Bände Karl May als Kriegsausgaben
an das Heer ausgegeben worden.“
Fronemann vermutete, dass die
raffinierten Quälereien, die Karl May häufig schilderte, auch an den
Foltermethoden der SS nicht unschuldig gewesen seien.
Anzeichen eines Klimawandels im Geburtsjahr Karl Mays?
In
den biographischen Notizen Karl Mays wird auch das Geburtsjahr 1842
beschrieben. Die Anmerkungen zu den Wetterbedingungen lassen
bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit heute erkennen. So schreibt der
Chronist u. a.: „In diesem Jahr war ein sehr trockener und heißer
Sommer. Von der Saatzeit an hat es 6 bis 8 Wochen gar nicht geregnet
und ist beinahe den ganzen Sommer in hiesiger Gegend kein Gewitter mit
Regen gewesen. Es trat allgemeiner Wassermangel auf, so daß vieles Korn
nicht gemahlen werden konnte und daher bloß geschrotet wurde. (...) Das
Vieh mußte außerordentlich leiden und viele Rinder wurden fast ganz
dürr und mager dahin geschlachtet.“