Krieg im Kinderzimmer
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs brachte der Spielzeugindustrie einen lukrativen Absatzmarkt der besonderen Art.![]() Auch für die Vorschulkinder gab es passende Spiele, so dieses Klotz-Puzzle-Spiel um 1915 "Der Völkerkrieg 1914/15." (Deckelillustration) | ![]() "Von Kindern und Helden – Kriegsgeschichten, gesammelt und erzählt von Helene Stökl", 1917. "Dem Andenken meines lieben Sohnes Dr. Manfred Stökl gewidmet, der am 21. Oktober 1914 beim Sturm auf Stari-Sambor den Tod fürs Vaterland starb." |
Neben
diesen herkömmlichen Waffen fanden auch die neuesten kriegstechnischen
Errungenschaften ihren Weg in solche Kataloge. Die erste Form der
Luftwaffe, der Kriegszeppelin, und die neue Wunderwaffe zur See, das
U-Boot, gehörten zu den begehrtesten Spielzeugen der Zeit. Auch dazu
wurden entsprechende Abwehrwaffen angeboten.
So teures Spielzeug war
natürlich der wohlhabenden Bürgerschicht vorbehalten. Ein Tagelöhner
verdiente pro Tag etwa 3 Mark und brachte damit seine Familie mehr
schlecht als recht über die Runden. Bei einem so spärlichen Verdienst
war es ein Ding der Unmöglichkeit, für den Sohn einen Helm für 4 Mark
oder gar ein Schiff für 25 Mark zu kaufen.
Eine derartige Aufrüstung im Kinderzimmer war also vor allem auf die reichen Haushalte beschränkt.
Trotzdem
wollte das weniger betuchte Elternhaus den Kindern militärisches
Spielzeug nicht vorenthalten, also bastelten Familienväter Papierhelme,
Holzschwerter und einfache Gewehre aus Holz.
Entsprechend der
Kriegsbegeisterung boten die Geschäfte auch eine Vielzahl von Brett-
und Würfelspielen an, z.B das Würfelspiel "Der Weltkrieg 1914 –
Neuestes, sehr unterhaltendes und belehrendes Kriegsspiel.", "Feuernde
Mörserbatterie – ein zeitgemäßes Gesellschaftsspiel für Groß und
Klein", usw.
Die Kriegspropaganda vergaß auch die Jüngsten nicht.
Für die Vorschulkinder gab es passende Spiele, etwa ein
Klotz-Puzzle-Spiel um 1915 "Der Völkerkrieg 1914/15."
Themenvorlagen
waren u. a.: "Der Sturm auf Lüttich", "Der kleine Kreuzer 'Augsburg'
bombardiert Libau", "Unterseeboot U9 bringt 3 engl. Kreuzer zum Sinken".
"Hurra! Die Eisenbahn – ein lustiges Bilderbuch von Ludwig Ringler."Deckelillustration, um 1915
Auch in den Schulen wurde abgerüstet. Das wird in dem Aufsatzthema an der Rodenbacher Schule 1916
"Warum wir uns auf den Frieden freuen." besonders deutlich.
Der Schüler Gustav Emrich schrieb:
"Wir
freuen uns auf den Frieden, weil schon 20 Monate Krieg ist. Es sind
viele unserer tapferen Soldaten gefallen. Im ganzen Bayernlande ist
Jammer und Elend. Hoffentlich werden bald die Glocken zum Frieden
läuten. Ich bin froh, wenn es Frieden wird. Jetzt muß man ganz viel
sparen, weil nichts mehr ins Land kommt.
Es steht eine Übermacht
von Feinden gegen uns. Unsere Leute sind nicht so stark wie die Feinde.
(Randnotiz des Lehrers mit roter Tinte: "Oha! Lüge nicht!")
Wenn es Frieden ist, da wird ein Fest gehalten."
Aber
es dauerte noch zwei lange Jahre, bis dieser unheilvolle Krieg zu Ende
war, der später als der Erste Weltkrieg mit 15 Millionen Toten in die
Geschichte einging.
Schießspiel: "Üb' Aug' u. Hand fürs Vaterland!"
Die Sonderausstellung "Krieg im Kinderzimmer" im Eingangsbereich des Museums ermöglicht zusammen mit der Jahressonderausstellung