Das Lohrer Schulmuseum am Museumstag
28.09.2014 des Landkreises Main-SpessartAus Anlass des Museumstages des Landkreises Main-Spessart ist das Lohrer Schulmuseum am Sonntag 28.09.2014 bei freiem Eintritt von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Jeder
Besucher erhält außerdem ein Fleißbildchen. Derartige Bildchen waren
früher als Zeichen der Anerkennung für besonderen Fleiß und gutes
Betragen in der Schule bei den Kindern sehr begehrt. Von 15.00 bis
16.00 Uhr hält der „quieszierende“ Rektor (= Rektor a.D.) Georg
Ludwig Hegel,vermutlich Nachfahre einer Seitenlinie des berühmten
preußischen Staatsphilosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, eine
lehrreiche und unterhaltsame Unterrichtsstunde für Kinder.
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Klassenzimmer um 1910: Untertanenerziehung in der Kaiserzeit (Foto: Kleinfelder, Lohr a.Main)

Lehrerwohnung im Schulhaus um 1910: Lebensbedingungen des Volksschullehrers (Foto: Schulmuseum)
Mit zwei Sonderausstellungen erinnert das Museum an den Ersten Weltkrieg (1914-1918)Im Eingangsbereich zeigt das Museum die Ausstellung Krieg im Kinderzimmer.
Kriegspropanda-Postkarte
um 1914 „O Hindenburg, tu weiter siegen, damit wir wieder schulfrei
kriegen!“ (Foto: Kleinfelder, Lohr a.Main)
Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs brachte der Spielzeugindustrie einen lukrativen Absatzmarkt der besonderen Art. Geschäfte und Kaufhäuser boten in ihren Katalogen ein reichhaltiges Sortiment von Kriegsspielzeug aller Art an. Es umfasste den gesamten militärischen Bereich von Uniförmchen, Säbeln,
Degen und Kinderhelmen der verschiedenen Waffengattungen bis hin zum
"Kasernenschrank mit kompletter Ausrüstung" für 10,50 Mark. Reichhaltig
war auch das Angebot an entsprechenden Würfelspielen und Kinder- und Jugendliteratur. Der Krieg eroberte schnell nahezu jedes Kinderzimmer. 
Schießspiel: „Üb' Aug' u. Hand fürs Vaterland!“ (Foto: Schulmuseum)
Ebenfalls zu sehen ist die Jahressonderausstellung „Meine Feder werd' zur Lanze!“ - Erziehung zum Krieg 1914-1918Überzogener
Patriotismus und kritiklose Anpassung an die politischen Kräfte des
Staates bestimmten von Beginn des Ersten Weltkriegs an das Schulwesen
und die gesamte Erziehung in dieser Zeit. Viele Pädagogen sahen in dem
Krieg die Möglichkeit einer umfassenden „sittlichen Hebung, Erneuerung,
Erstarkung“.
Schreibset (Eigenanfertigung) mit „Tintenfässchen“ aus Granatzündern, um 1915 (Foto: Kleinfelder, Lohr a.Main)
Entsprechend wurden die Schulen unter dem Stichwort „Kriegsunterricht“ als Unterrichtsprinzip auf den Krieg eingestimmt.Erst
nach dem Ende des Krieges bemerkten Pädagogen die negativen
Auswirkungen des Kriegsunterrichts, und im Schulanzeiger aus dem Jahr
1919 heißt es u.a.: „Beschämt stehen wir vor den Trümmern. Und viele
werden vor den Kindern die richtigen ersten Worte nicht gefunden haben
oder nicht finden.“ 
Mathematik 1, Lehrbuch für Klasse 1, Volkseigener Verlag Berlin 1990; vorderer Einbanddeckel
mit „Schneewittchen und die sieben Zwerge“. Die Buchillustrationen z.B. der sozialistischen
Kinderorganisation „Pioniere“ und Themen aus dem militärischen Bereich zur
Veranschaulichung von Zahlen – in den Rechenbüchern für die 1. Klasse der
damaligen BRD unvorstellbar, belegen, dass die Buchautoren und Buchverlage sich
offensichtlich der politischen Veränderungen und deren Auswirkungen nicht bewusst waren.
Natürlich ermöglicht auch die ständige Ausstellung dem Besucher viele interessante historische Einblicke.
Mit
dem politisch-geschichtlichen Konzept, das auf die Zeit von 1789
(Französische Revolution) bis 1989 (Zusammenbruch der DDR) ausgerichtet
ist und die Abhängigkeit der Schulentwicklung und des gesamten
Erziehungswesens von totalitären Strömungen dieser Epoche akzentuiert,
hat sich das Lohrer Schulmuseum schnell einen überregionalen Ruf als
bedeutende Dokumentationsstätte des pädagogischen Alltags vergangener
Zeiten erworben.
Schwerpunkte
des Museums sind das Deutsche Kaiserreich (1871-1918) und das Dritte
Reich (1933-1945). Die Anordnung der Themenkreise unter Einbeziehung
der außerschulischen Erziehung (z.B. im Elternhaus und durch die
Kirchen) verdeutlicht Ähnlichkeiten, Veränderungen und Unterschiede
dieser Zeitabschnitte.
Das
Lohrer Schulmuseum zählt heute, auch in Bezug auf Raumgestaltung und
Präsentation, national wie international zu den attraktivsten Museen
seiner Art.

Gegenstände aus dem reichhaltigen Angebot des Trödelmarktes aus der Zeit vor 1945 (Foto: Schulmuseum)
Außerdem
lädt das Museum während der Öffnungszeit (14.00-17.00 Uhr) zu einem
interessanten Trödelmarkt auf dem Platz vor dem Museum von ein. Angeboten
werden vor allem viele alte Gegenstände, meist aus der Zeit um 1900:
über 100 Jahre alte Glasballons (Spessartglas) in verschiedenen Größen,
etikettierte Flaschen, Bocksbeutel, eine Vielzahl von Wein- und
Liköretiketten, Maggi-Dosen, Nähutensilien, Textilien usw. - ein
interessantes Angebot auch für Gaststätten usw. für die Ausgestaltung
bzw. zur Dekoration der Gasträume.Außerdem
werden aus Überbeständen Schulbücher (vor allem Lesebücher) aus
verschiedenen Zeiten angeboten, darunter auch Schülerbücher aus der
ehemaligen DDR.Insgesamt
erwartet den Besucher ein recht gut sortiertes, vielseitiges und
attraktives Angebot. Der Erlös des Trödelmarktes ist für das
Schulmuseum bestimmt.Es wird auf absehbare Zeit der letzte Trödelmarkt des Museums sein.
Das
Lohrer Schulmuseum im Ortsteil Lohr-Sendelbach ist von Mittwoch bis
Sonntag und an allen
gesetzlichen Feiertagen jeweils von 14 bis 16 Uhr
geöffnet. Gruppen können auch nach vorheriger
Absprache außerhalb der
regulären Öffnungszeiten das Museum besuchen.
(Kontakt: Eduard Stenger,
Zum Sommerhof 20, 97816 Lohr a.Main;
Tel. 09352/4960 oder 09359/317,
e-Mail: eduard.stenger@gmx.net)
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